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Brücken im Landkreis in gutem Zustand
Der Tuttlinger Ingenieur Thorsten Rehe prüft regelmäßig Brücken auch in der Region


Thorsten Rehe nimmt auch Brücken aus der Region unter die Lupe. / FOTO: SEBASTIAN HEILEMANN

TUTTLINGEN – Er sucht nach Rissen, untersucht den Brückenstahl und vergibt Noten. Der Tuttlinger Ingenieur Thorsten Rehe kümmert sich seit 15 Jahren um die Prüfung und Instandsetzung von Brücken. Einen Unfall, wie der Zusammenbruch der Morandi-Brücke in Genua hält er in Deutschland für unwahrscheinlich. Denn: Die Vorschriften für die Brückenprüfungen sind streng. Die Auftragsbücher von Thorsten Rehe sind voll. Bei etwa der Hälfte der Einträge geht es um Brückenbauwerke oder Stützwände an Hängen. „Das Thema wird uns vermutlich die kommenden 10 bis 15 Jahre noch voll beschäftigen“, sagt er. So sehr, dass er schon ein halbes Jahr nach der Gründung seines eigenen Ingenieurbüros in Tuttlingen weiß, dass er mehr Personal brauchen wird. „Die Zeichen sind mittlerweile erkannt worden, dass in die Infrastruktur investiert werden muss“, sagt der Ingenieur. Allein das Landratsamt Tuttlingen ist für die regelmäßige Überprüfung von 41 Kreisbrücken, 55 Landesund 69 Bundesbrücken im Kreis verantwortlich. Dabei handelt es sich aber vor allem um kleinere Brücken. Einmal jährlich muss jede davon überprüft werden. Alle drei und sechs Jahre stehen größere Überprüfungen an, bei denen auch externe Spezialisten wie Rehe herangezogen werden. „Ich bin der Meinung, dass aufgrund unserer Prüfverfahren so etwas wie in Genua bei uns nicht möglich wäre.“ Denn bei den sogenannten Hauptprüfungen nimmt Rehe alle Brückenteile ganz genau unter die Lupe. Jeder Riss wird geprüft Angefangen von Leitplanken und Geländer bis hin zum Brückeninneren und Pfeilern. Rehe protokolliert auch den kleinsten Riss im Beton. Bei der nächsten Prüfung misst er nach, ob der Riss sich vergrößert hat. Schweißnähte werden schon mal geröntgt, Brückenteile mit Ultraschall abgetastet oder Bohrkerne aus den Pfeilern entnommen, um das Material zu überprüfen. Je nach Größe der Brücke kann eine solche Prüfung zwischen vier und sechs Wochen in Anspruch nehmen. Am Ende vergibt Rehe der Brücke eine Note zwischen eins und vier. Bei einem sehr schlechten Zustand rät Rehe zur Sperrung der Brücke. Das sei aber eher die Ausnahme. Doch für eine Note Abzug kann schon ein verrostetes Brückengeländer ausreichen, weil es die Verkehrssicherheit beeinträchtigt. Das heiße dann aber noch lange nicht, dass auch die Standsicherheit oder Tragfähigkeit der Brücke gefährdet ist. Die größten Feinde der Brücken seien vor allem Streusalz und der deutlich zunehmende Schwerverkehr. „Bei neuen Brücken berechnet man heute 20 bis 30 Prozent mehr Last als noch vor 30 Jahren“, sagt Rehe. Hochfrequentierte, ältere Brücken würden nachberechnet und müssen bei Bedarf nachgearbeitet werden, um der höheren Last durch Lastwagen gerecht zu werden. Das sei zum Beispiel bei der Immensitz-Brücke bei Geisingen, über die die A 81 führt, der Fall gewesen. „Ein Lastwagen beansprucht die Fahrbahn 1000 Mal mehr als ein Auto“, erklärt Rehe. Kreisbrücken in gutem Zustand „Unsere Brücken sind in gutem Zustand, werden gut überwacht und sind verkehrssicher“, sagt Stefan Helbig, Erster Landesbeamter für den Landkreis Tuttlingen. „Wir haben das Kreisstraßennetz und die dazugehörigen Brücken untersuchen lassen und sind in einem guten Bereich.“ Doch das bedeute nicht, dass das in Zukunft automatisch so bleibe. „Wir müssen jedes Jahr Geld in die Hand nehmen“, so Helbig. In der Regel liege der Kostenaufwand jährlich zwischen zwei und zweieinhalb Millionen Euro für Unterhalt und Instandsetzung von Brücken im Landkreis. Das eine oder andere Bauwerk wird dabei aber gar nicht mehr saniert, sondern komplett ersetzt – das gilt nicht nur für Brücken mit Autoverkehr, sondern auch Fußgängerbrücken. Ein Beispiel dafür ist etwa die Krähenbachbrücke am Schafmarkt in Möhringen. Sie erhielt bei einer Prüfung nur ein Ausreichend. Die Stadt sperrte sie daraufhin und errichtete eine provisorische Brücke. Im kommenden Jahr soll es einen Neubau geben. „Daran kann man sehen, dass unsere Prüfungen auch Konsequenzen haben“, sagt Tuttlingens Stadtsprecher Arno Specht. 30 Brücken fallen in die Zuständigkeit der Stadt. Der Zustand dieser Brücken liege zwischen den Noten gut und befriedigend. Rund 150 000 Euro müssen pro Jahr investiert werden – größere Maßnahmen wie in Möhringen nicht inbegriffen. Bei einigen Brücken bestehe laut Specht in den kommenden Jahren Handlungsbedarf.

Von Sebastian Heilemann

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